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"Schambeinentzündung" - Was tun?

Tja, was tun wenn die Diagnose Schambeinentzündung gestellt wurde?

Zunächst einmal ist es wichtig sicher zu stellen, dass die Diagnose überhaupt stimmt! Dies ist natürlich nicht ganz so einfach, da es wie auf der Startseite schon dargestellt, eine komplexe Diagnose mit vielen Ausschlussdiagnosen ist.

Aber die Erfahrung zeigt, dass die Diagnose oft fälschlicherweise gestellt wird, die Beschwerden aber andere Ursachen haben.

 

In diesem ersten Blogartikel versuche ich euch die Behandlung einer "Schambeinentzündung" oder Osteitis pubis näher zu bringen. Demnächst wird es auch Artikel über Diagnose, Differentialdiagnosen etc. geben.

 

Bei der Behandlung muss unterschieden werden zwischen konservativer und operativer Therapie.

 

Wenn die Diagnose Schambeinentzündung korrekt gestellt wurde, handelt es sich um eine Entzündungsreaktion am Os pubis, sprich wie der Name schon sagt, dem Schambein. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. In den allermeisten Fällen wird diese Reizreaktion am Schambein ausgelöst durch Zugkräfte der Adduktoren- und Bauchwandmuskulatur, welche in unterschiedliche Richtungen an der sog. "pubic plate" ziehen. Die pubic plate ist eine Kapsel-Band-Sehnenverbindung an der Symphyse, in die auch die Sehnen des M. adductor longus und M. rectus abdominis einstrahlen. Da der M. rectus abdominis nach cranial (also kopfwärts) seine Zugrichtung hat und der M. adductor longus seitwärts Richtung Oberschenkel, ist einleuchtend, dass dies Probleme an der Symphyse bzw. insgesamt dem vorderen Beckenring verursachen kann. Man spricht auch von einer "Adduktorenentzündung" in diesem Zusammenhang, auch wenn der Begriff nicht ganz korrekt ist.

 

Konservative Therapie

Durch die unterschiedlichen Zugrichtungen der o.g. Muskulatur entstehen Reizreaktionen am Schambein, ggf. ein Knochenmarködem, Risse der pubic plate und/ oder Risse der o.g. Muskelsehnen. In schlimmen Fällen kann auch eine Insuffizienzfraktur am Schambein, also sprich ein Schambeinbruch entstehen. 

Die konservative Therapie hiervon besteht zunächst in einer Kombination aus Physiotherapie und NSAR-Therapie (NSAR: entzündungshemmende Schmerzmittel wie z.B. Ibuprofen, Diclofenac, etc.). 

Die Physiotherapie muss dabei speziell auf die eigentliche Pathologie ausgerichtet sein. Das heißt, wenn insbesondere die o.g. Muskulatur die Probleme verursacht, sollte diese auch besonders adressiert werden, sodass sich die Zugkräfte an der pubic plate verringern können.

Als weitere konservative Therapie kommen Infiltrationen z.B. mit einem Lokalanästhetikum (wie beim Zahnarzt) ggf. in Kombination mit Kortison zur Entzündungshemmung zum Zuge.

Eine Stoßwellentherapie kann auch eine gute Option sein, um eine operative Intervention zu vermeiden. 

 

--> hier erfahrt ihr mehr über die konservative Therapie (ohne Operation).

 

 

Operative Therapie

Auch hier ist es wieder immens wichtig, die zugrunde liegende Pathologie zu adressieren. Wenn also ein Leistenbruch die Beschwerden oder einen Teil davon verursacht, sollte dieser operativ behandelt werden. 

Liegt kein Leistenbruch oder eine "weiche Leiste", auch genannt "Sportlerleiste" vor, dann muss je nach Verletzungsausmaß an der pubic plate bzw. dem Schambein kritisch evaluiert werden, welche operative Therapie sinnvoll erscheint.

Beispielsweise kann es sinnvoll sein eine Zugentlastung am M. adductor longus vorzunehmen, indem man operativ die Sehne des M. adductor longus am Schambein "einkerbt". Die sog. Adductor-longus-Tenotomie. 

Diese Operation allein kann aber auch Nachteile mit sich bringen, wie zum Beispiel ein Kraftverlust im Zuge der Adduktion des Oberschenkels, was natürlich gerade für Fußballer (Schuss!) problematisch sein kann. 

Wenn man sich die Literatur ansieht, werden vielzählige Möglichkeiten operativer Therapien propagiert. Im Moment existieren nur wenige gute Studien, die nahelegen, welche Art der Operation bei welcher Pathologie am sinnvollsten erscheint.

 

--> in Kürze werde ich in einem extra Blogartikel näher auf die operativen Therapiemöglichkeiten eingehen. Habt bitte Verständnis hierfür, da dies ansonsten den Rahmen meines ersten Blogartikels sprengen würde.

 

Also, in diesem Sinne hoffe ich, dass ich euch einen kurzen Vorgeschmack zur konservativen und operativen Therapie einer Schambeinentzündung geben konnte. 

 

Demnächst wird es mehr geben!

 

Bei Fragen, einfach eine Email schreiben.

 

 

 

Bild: © Kenhub (www.kenhub.com); Illustrator(in): Liene Znotina

Kommentare: 2
  • #2

    Dr. C. Becker (Mittwoch, 08 April 2020 12:20)

    ja, klar. Schreib mir doch einfach eine Email!

  • #1

    Emilia Rauchmeier (Dienstag, 07 April 2020 16:31)

    Hallo Christopher,
    Sehr interessanter Blog! Beschäftigst Du Dich auch mit Schambeinproblemen, die nach der Geburt auftreten bzw. habt ihr bei Euch in der Klinik eine Anlaufstelle für solche Patienten?